Blinddarmentzündung

Akute Blinddarmentzündung (Appendizitis): Akute Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis) des Blinddarms, des ersten Dickdarmabschnitts im rechten Unterbauch, der blind endet. Sie tritt besonders häufig im Kindes- und Jugendalter auf. Um einen lebensgefährlichen Blinddarmdurchbruch zu vermeiden, muss der Wurmfortsatz rasch entfernt werden. Aus diesem Grund wurden früher, als es noch keinen Bauchultraschall gab, viel zu viele vermeintliche Blinddarmentzündungen operiert, die häufig nur harmlose Nabelkoliken waren. Die Operation ist heute sicher und risikoarm.

Wenn von Blinddarmentzündung gesprochen wird, ist immer die akute Blinddarmentzündung gemeint. Von dieser abzugrenzen ist die chronische Blinddarmentzündung, bei der wiederholt leichte, akute Blinddarmentzündungen auftreten, die aber spontan wieder heilen. Trotzdem kann es durch die entzündlichen Sekrete zu Verklebungen und Verwachsungen im rechten Unterbauch und dadurch zu Einengungen und Verwachsungen des Wurmfortsatzes mit der Bauchdecke kommen, was die Gefahr eines späteren mechanischen Darmverschlusses erhöht.

Leitbeschwerden

  • Beginn der Schmerzen typischerweise in der Magengegend oder um den Bauchnabel, erst nach einigen Stunden wandert der Schmerz in den rechten Unterbauch
  • Dumpfer lokaler Druckschmerz im rechten Unterbauch
  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Leichtes Fieber (~ 38 °C), typischerweise ist das rektale Fieber deutlich stärker als das unter der Achsel gemessene, Temperaturdifferenz mindestens 1 °C

Bei Säuglingen kann man naturgemäß die typischen Beschwerden nicht feststellen, bei Schwangeren können sie völlig falsch gedeutet werden und bei älteren Menschen sind sie oft nur gering ausgeprägt.

Wann zum Arzt

Heute noch, wenn

  • Schmerzen im rechten Unterbauch nicht aufhören, besonders wenn sie in der Magen- oder Bauchnabelregion begonnen haben.
  • zusätzlich Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Unwohlsein bestehen.

Sofort ins Krankenhaus, wenn

  • die Schmerzen im rechten Unterbauch unerträglich stark werden.
  • der Bauch sich hart anfühlt.
  • sich der Zustand zunehmend verschlechtert.

Die Erkrankung

Die Bezeichnung "Blinddarmentzündung" ist nicht ganz korrekt, da es sich um eine Entzündung des Wurmfortsatzes des Blinddarms und nicht des Blinddarms selbst handelt. Mehr als 5 % aller Menschen werden in Deutschland im Laufe ihres Lebens wegen einer akuten Blinddarmentzündung operiert, meist im Kindesalter. Obwohl sie so häufig vorkommt, ist noch immer nicht ganz geklärt, was zu dieser Entzündung führt. Als Anfangsursache wird eine Verlegung des Wurmfortsatzes vermutet, z. B. durch Abknicken des Blinddarms, durch ein verfestigtes Stück Stuhl, einen Fremdkörper oder den Befall mit Würmern. Die dadurch im verlegten Blinddarm eingeschlossenen Bakterien vermehren sich und lösen eine eitrige Entzündung aus. Schreitet die Entzündung unbemerkt fort, kann der Wurmfortsatz platzen und die Entzündung breitet sich in den Bauchraum aus; es droht eine Bauchfellentzündung (Peritonitis). Manchmal bleibt der Durchbruch auch auf die Umgebung des Blinddarms begrenzt und es bildet sich eine Eiteransammlung um den Wurmfortsatz (perityphlitischer Abszess) oder im tiefsten Abschnitt des Beckens (Douglas-Abszess). Beide Abszessformen müssen operiert werden.

Es gibt keine eindeutigen Symptome für eine akute Blinddarmentzündung. Charakteristisch ist der Schmerzbeginn in der Magengegend oder um den Bauchnabel, wobei die Schmerzen innerhalb von einigen Stunden in den rechten Unterbauch wandern. Bei Kindern ist das wichtigste Symptom oft fehlender Appetit. Das Fieber steigt in der Regel nicht über 39 °C, und in 50 % der Fälle kann eine Temperaturdifferenz von über 1 °C zwischen der Messung in der Achselhöhle und im Enddarm festgestellt werden. Häufig treten Übelkeit und Erbrechen auf, Stuhlunregelmäßigkeiten sind selten.

Bei älteren Menschen sind die Krankheitszeichen oft nur gering ausgeprägt. Bei Schwangeren können die Schmerzen durch Verlagerung des Blinddarms auch im rechten Ober- oder Mittelbauch auftreten.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Die Diagnose „akute Blinddarmentzündung“ ist schwierig und erfordert viel ärztliche Erfahrung. Es kommen verschiedene Erkrankungen in Betracht, die ähnliche Beschwerden machen, wie die Blinddarmentzündung. Die Diagnose basiert heute im Wesentlichen auf zwei Elementen:

  • Den Schmerzpunkten: Bei unklaren Bauchschmerzen tastet der Arzt den Bauch vorsichtig ab und drückt auf bestimmte Punkte im rechten Unterbauch, die bei einer Blinddarmentzündung Schmerzen hervorrufen. Besonders charakteristisch ist der Loslassschmerz, der entsteht, wenn die Hand des Untersuchers langsam den rechten Unterbauch eindrückt und dann rasch loslässt. Auch die Austastung des Enddarms ist für den Betroffenen schmerzhaft, ebenso der Druck auf einen Punkt im linken Unterbauch und der anschließende Loslassschmerz, das Ausstreichen des Dickdarms in Richtung Blinddarm sowie das Anheben des rechten Oberschenkels gegen einen Widerstand oder das Hüpfen auf dem rechten Bein.
  • Dem Bauchultraschall: Moderne, hoch auflösende Geräte erlauben in vielen Fällen die eindeutige Diagnose und können in anderen Fällen zumindest sonstige Erkrankungen als Ursache der Beschwerden ausschließen.

Ist der Blinddarm z. B. durch Darmgasüberlagerung im Ultraschall nicht einzusehen, kann ein CT die Diagnose sichern.

Laborwerte, so z. B. die Entzündungszeichen wie CRP, ergänzen die Diagnostik. Einen einfachen Urintest zur Diagnosesicherung entwickeln derzeit Wissenschaftler des Children's Hospital in Boston. Sie haben ein Protein identifiziert, das auf Blinddarmentzündung schließen lässt.

 

Therapie. Die operative Entfernung des Wurmfortsatzes ist im Fall einer akuten Entzündung unumgänglich. Sie wird möglichst innerhalb von 48 Stunden nach Schmerzbeginn in Vollnarkose durchgeführt. Neben dem klassischen Bauchschnitt bevorzugen viele Chirurgen mittlerweile das minimal-invasive Verfahren über eine Laparoskopie (Bauchspiegelung). Meist muss der Patient mit einem Krankenhausaufenthalt von einer Woche rechnen. Danach sollte er sich noch für einige Wochen schonen und auf das Tragen schwerer Lasten verzichten. Nur wenn eine sofortige Operation nicht möglich ist, wird der Patient zunächst mit Bettruhe und Antibiotika vorbehandelt und dann später operiert. Das Risiko für Komplikationen ist dann jedoch erheblich größer.

Therapie des Blinddarmdurchbruchs. Auch beim Blinddarmdurchbruch wird sofort operiert; der Eiter wird abgesaugt und der Bauchraum wird gespült. Zur Verhinderung einer Bauchfellentzündung werden bereits zu Beginn der Operation und anschließend für mehrere Tage über Infusionen hochwirksame Antibiotika gegeben.

Komplikationen. Bei einer frühzeitigen Operation sind Komplikationen selten. Nach der Operation können allerdings bei der Narbenbildung manchmal Darmschlingen miteinander verkleben, oder es bilden sich Narbenstränge, die den Darm einengen (Briden, Darmschlingenverwachsungen). Im Extremfall kann es zu einem Darmverschluss (Bridenileus) kommen, der eine erneute Operation zur Lösung der Verwachsungen notwendig macht.