Herpes

Herpesbläschen (Fieberbläschen): Schubartig, im Laufe des Lebens wiederholt auftretende schmerzhafte Bläschen, v. a. im Bereich der Lippen, gelegentlich auch an Mundschleimhaut, Nase und Augen.

Lippenherpes (Herpes labialis): Herpesbläschen an der Lippe oder am Naseneingang.

Die vom Herpes-simplex-Virus Typ 1 ausgelösten, hoch ansteckenden Bläschen sind in aller Regel harmlos und heilen ohne Behandlung nach 3–10 Tagen narbenlos ab. Akute Schübe sind oft an spezielle Auslöser geknüpft, z. B. fieberhafte Infekte, starke Sonnenbestrahlung, Stresssituationen oder Regelblutung. Komplikationen sind selten und betreffen meist Säuglinge sowie Menschen mit Neurodermitis oder allgemeiner Abwehrschwäche, z. B. bei einer Chemotherapie oder HIV-Infektion.

Leitbeschwerden

  • Ankündigung durch „Kribbeln“, das heißt Jucken und Spannen der betroffenen Hautregion (meistens Lippenrand oder Naseneingang)
  • Binnen weniger Stunden, selten erst nach Tagen, Ausbildung schmerzhafter Bläschengruppen
  • Anfangs klare Abgrenzung, später Eintrübung und Zusammenfließen der Bläschen, gefolgt von Aufplatzen und Krustenbildung
  • Bei ausgedehntem Bläschenbefall beeinträchtigtes Allgemeinbefinden

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn die Bläschen

  • nach 2 Wochen noch nicht abgeheilt sind.
  • binnen 2 Monaten häufiger als einmal auftreten.

Heute noch, wenn

  • die Bläschen in Augennähe auftreten.
  • sich die Bläschen zunehmend ausbreiten und/oder gleichzeitig ein starkes Krankheitsgefühl besteht.
  • Risikofaktoren für Komplikationen vorliegen, z. B. bei Neurodermitis, AIDS oder Chemotherapie.

Die Erkrankung

Etwa 90 % der erwachsenen Bevölkerung sind Träger des Herpes-simplex-Virus Typ 1, doch nur etwa ein Drittel der Betroffenen wird während des Lebens von einer sichtbaren Infektion befallen. Die Erstinfektion mit dem Herpes-Virus erfolgt meistens schon im Kleinkindalter und verläuft in der Regel unbemerkt als so genannte Primärinfektion. Nur bei wenigen Kindern kommt es zu Mundfäule oder zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Gehirnentzündung oder Blutvergiftung, Letzteres fast ausschließlich im Neugeborenenalter.

Herpes-Viren dringen bei Erstinfektion immer über die Haut oder die Schleimhaut in den Organismus ein. Dann wandern sie entlang sensibler Nervenbahnen zu Ganglien (Schaltknoten der Nervenzellen), wo sie, unerreichbar für die Immunabwehr, in eine Art Schlaf verfallen. Bei geschwächter Abwehrlage, z. B. nach fieberhaften Infekten, extremer Sonnenlichtexposition, Stresssituationen, können die Herpes-Viren jederzeit aktiviert werden, über die Nervenbahnen zur Haut und Schleimhaut wandern und dort nach rasanter Vermehrung Herpesbläschen verursachen.

Durch fehlgeleitete Immunreaktionen der Haut lösen Herpes-Viren gelegentlich weitere Erkrankungen aus. Hierzu zählen Ausschläge mit rötlichen, typischerweise rosettenförmigen Herden, oft mit zentraler Blase. Die Erythema exsudativa multiforme oder kurz EEM genannten Veränderungen finden sich bevorzugt an den Streckseiten von Armen und Beinen sowie an Handtellern, Fußsohlen und/oder Schleimhäuten (v. a. in der Mundhöhle). Sind vorwiegend die Schleimhäute befallen, spricht man von Stevens-Johnson-Syndrom. In schweren Fällen löst sich die Haut in Blasen ab. Neben Herpeserkrankungen kommen als Auslöser auch andere virale sowie bakterielle Infektionen infrage, außerdem einige Medikamente.

Das macht der Arzt

Herpesbläschen haben ein charakteristisches Aussehen, sodass der Arzt für die Diagnose auf weitere Untersuchungen verzichten kann. Bei Verdacht auf Komplikationen nimmt er Blut ab, veranlasst entsprechende Labortests und verordnet gegebenenfalls die Einnahme von antiviralen Medikamenten. Bei einem begrenzten Auftreten der Bläschen, wie dies meistens der Fall ist, sowie fehlenden Begleitsymptomen (z. B. starke Schmerzen, Fieber, Gliederschmerzen) ist keine weiterführende Diagnostik erforderlich.

Selbstbehandlung

Salben mit antiviralen Wirkstoffen (Aciclovir, Penciclovir, z. B. in Zovirax® Creme oder Fenistil® Pencivir Creme) unterstützen das Abheilen der Bläschen. Diese Präparate helfen allerdings nur, wenn sie bereits bei ersten Anzeichen und dann alle 1–2 Stunden aufgetragen werden, bis das anfängliche Kribbeln vorbei ist. Schwächer wirken andere Präparate gegen Herpesbläschen wie z. B. adstringierende (zusammenziehende) Pasten oder Gele mit Zinksulfat (z. B. Lipactin® Gel). Als Alternative zu den weißen, kosmetisch störenden Salben und Pasten bieten sich neuerdings Pflaster an, die den heilungsfördernden und schmerzlindernden Wirkstoff Hydrokolloid-075 enthalten. Die Herpesbläschen-Patches sind auf der Haut nahezu unsichtbar und lassen sich gut überschminken. Da sie das befallene Hautareal – im Gegensatz zu Salben – vollständig abdecken, reduzieren sie zudem die Ansteckungsgefahr.

Bereits ab dem ersten Kribbeln besteht eine hohe Ansteckungsgefahr. Deshalb sollte man während eines Bläschenschubs auf direkte und indirekte körperliche Kontakte (Küssen, Benutzen des gleichen Glases oder Bestecks) mit anderen Personen (insbesondere mit Säuglingen und Kleinkindern) verzichten. Nach jeder Behandlung der Bläschen müssen die Hände gründlich gewaschen werden! Salben und Pasten können auch gleich mithilfe eines Wattestäbchens aufgetragen werden. Als Kontaktlinsenträger sollte man während eines Bläschenschubs auf die Brille ausweichen, um beim Linsenwechseln eine gefährliche Infektion der Augen zu verhindern.

Vorsorge

Da eine geschwächte Abwehrlage den Ausbruch von Herpesinfektionen begünstigt, ist eine allgemeine Stärkung der Abwehrkräfte (z. B. durch Saunabesuche, Wechselduschen, Ausdauersport und vitaminreiche Ernährung) als vorbeugende Maßnahme sinnvoll. Wenn Lippenherpes häufig in Zusammenhang mit Sonnenbestrahlung auftritt, empfiehlt sich die Anwendung eines Sonnenschutzmittels mit hohem Lichtschutzfaktor.

Komplementärmedizin

Da die meisten Erwachsenen mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 infiziert sind, die Erkrankung aber nur bei geschwächter Immunlage ausbricht, ist das Ziel der Komplementärmedizin, zum einen durch symptomatische Therapie die Beschwerden zu lindern, zum anderen die gesunden Intervalle zwischen den Krankheitsausbrüchen durch Stärkung des Immunsystems zu verlängern. Die Therapien sollten immer noch eine Woche nach Abklingen der Beschwerden fortgeführt werden.

Hydrotherapie. Neben der Stärkung der Abwehr durch Kneippsche Güsse (Wechselbäder) helfen gegen den Ausschlag Packungen aus Heilerde oder mit 50%igem Ether-Ethanol, auch Eiswürfel lindern die Beschwerden.

Pflanzenheilkunde. Heilpflanzen bewirken v. a. die symptomatische Erleichterung der Beschwerden, d. h., es kommen wundheilende, antivirale und immunstimulierende Wirkstoffe zum Einsatz, meist in Form von Einpinselungen oder als Salbenpräparate. Gut eignen sich für diesen Zweck Bienenhonig und Melisse, Letzteres entweder allein (z. B. als Melissenöl oder in Lomaherpan® Creme) oder in Kombination mit einer Zinksalbe. Wenn die Therapie bei den ersten Anzeichen von Herpes (Spannungsgefühl, Brennen) beginnt, können Honig oder Melisse die Heilung beschleunigen. Wissenschaftlich erwiesen ist die vorbeugende Wirkung beider Substanzen.

Ein bekanntes Hausmittel ist Salbeiextrakt, dem eine zusammenziehende und desinfizierende Wirkung zugesprochen wird; er lässt sich direkt auftupfen oder in Form von Tee für Mundspülungen verwenden. Auch Salben mit Calendula (Ringelblume) verschaffen Erleichterung, ebenso wie Kompressen mit Extrakten der Eichenrinde, Schafgarbe oder Kamillenblüten.

Homöopathie. Die homöopathische Therapie scheint gut geeignet, langfristig eine Abwehr aufzubauen. Es gibt eine Vielzahl von Homöopathika zur Behandlung von Herpes, wie beispielsweise bei Ausschlägen mit brennenden und stechenden Schmerzen Apis mellifica, bei Herpes durch Kälteeinwirkung Solanum dulcamara oder Causticum, bei Eiterbildung Rhus toxicodendron und bei Herpesbläschen durch Sonneneinstrahlung Natrium chloratum oder Arsenicum album.

Akupunktur. Gute Erfolge werden von der Akupunktur, v. a. in Kombination mit Laserbestrahlung, berichtet.

Entspannungsverfahren. Da Stress als einer der Auslöser von Herpes gilt, sind sämtliche stressreduzierenden Maßnahmen wie Autogenes Training, Yoga oder Muskelrelaxation nach Jacobson zur Vorbeugung empfehlenswert.