Tabletten-Cocktail für alte Menschen

Ältere bekommen zu viele Medikamente

Stefanie Grutsch

Nicht selten bekommen alte Menschen einen ganzen Pillen-Cocktail verschrieben. Durchschnittlich sind es sechs Medikamente, die Patienten über 70 Jahre pro Tag nehmen. Das haben Wissenschaftler der Uni


Nicht selten bekommen alte Menschen einen ganzen Pillen-Cocktail verschrieben. Durchschnittlich sind es sechs Medikamente, die Patienten über 70 Jahre pro Tag nehmen. Das haben Wissenschaftler der Universität Bochum in einer Befragung herausgefunden.

Morgens, mittags, abends


In der Umfrage unter 2.500 Patienten wurde klar, dass auch die Einnahme von zehn oder mehr Tabletten pro Tag keine Seltenheit ist. Blutdruck- und Diabetesmedikamente gehörten insgesamt zu den am häufigsten verordneten. Je älter die Menschen sind, desto höher die Zahl der Medikamente. Der Spitzenreiter unter den Befragten nahm sogar jeden Tag 26 Pillen.

Die Bochumer Mediziner weisen darauf hin, dass die Kombination so vieler Medikamente der Gesundheit auch schaden kann. Eine genaue Auswertung der Befragungsergebnisse habe ein besorgniserregendes Bild ergeben. „Die Patienten werden mit wilden Mischungen von Wirkstoffen behandelt, die sich teils in ihrer Wirkung gegenseitig aufheben und teils Wechselwirkungen hervorrufen können, über die man kaum Kenntnisse hat“, sagt Dr. Ulrich Thiem, Altersmediziner am Bochumer Uniklinikum.

Dem Alter gemäß behandeln


Trotzdem bleibt das Problem, dass viele ältere Menschen gegen mehrere Krankheiten, oft chronische, zugleich behandelt werden müssen. Das kann dann dazu führen, dass Schmerzmittel, etwa gegen Arthrose verordnet, negativ auf die Nierenfunktion wirken. Das wiederum steigert den Blutdruck und verhindert so die Wirkung von gleichzeitig verordneten Blutdrucksenkern. Wie Ärzte mit solchen Problemen umgehen können, versuchten die Wissenschaftler im Anschluss an ihre Studie zu ermitteln.

Da der Arzt keine Chance habe, alle Erkrankungen eines mehrfach erkrankten Patienten gleichermaßen zu behandeln, müsse er Prioritäten setzen. Der Schwerpunkt der Behandlung soll darauf liegen, was für den Patienten besonders wichtig und sinnvoll ist. Generell stellen die Bochumer fest, dass ältere Leute vor allem Beschwerden behandelt wissen wollen, die sie im Alltag einschränken. Was in fünf oder zehn Jahren ist, spielt für sie eine geringere Rolle. „Ein 80-Jähriger Patient mit Bluthochdruck und Arthrose wünscht sich erfahrungsgemäß zuallererst, seinen Alltag weiterhin alleine bewältigen zu können. Dafür braucht er Schmerzmittel. Ob er Bluthochdruck hat, der auf mehrere Jahre hinaus sein Schlaganfallrisiko erhöht, ist ihm nicht so wichtig“, sagt Thiem. Er zieht das Fazit, dass die Behandlung älterer Menschen häufig andere Ziele verfolgen muss, als die von jungen Patienten.

Zurück